Ein Leben im Dienst Gottes und der Menschen
Die barmherzigen Schwestern vom hl. Karl Borromäus sind weltoffener als allgemein hin angenommen wird. Sie fühlen sich – Glaubens übergreifend – allen Menschen verpflichtet. Viele sprechen mehrere Sprachen und denken in mancherlei Hinsicht kosmopolitisch. Allen gemeinsam ist die Berufung und das Leben nach den Ordensregeln in der Gemeinschaft mit Gott. In der Erziehung und Bildung sind sie nah bei den jungen Menschen, genauso nah aber auch bei den alten, kranken und pflegebedürftigen Menschen. Sie wissen besser als jeder andere um deren Nöte und Bedürfnisse und unterstützen sie mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung sowie materiell und finanziell. Nicht selten arbeiten sie 50 Jahre und länger, bevor sie sich ins Altenwohnheim der Schwestern ‚Maria Frieden‘ auf dem Gelände des Klosters Grafschaft zurückziehen.
Maria Frieden ist ein stiller und doch sehr lebendiger Ort, wo derzeit 29 Schwestern der Borromäerinnen ihren Lebensabend verbringen. Bis ins hohe Alter haben Sie sich als Krankenschwestern und Pflegerinnen eingesetzt. Andere arbeiteten als Erzieherinnen, Lehrerinnen) oder waren mit den unterschiedlichsten Aufgaben in den Konventen/Niederlassungen betraut. Immer aber hatten sie ein großes Herz für die wirklich not leidenden und bedürftigen Menschen. Sie alle verdienen großen Respekt und Anerkennung für ihre Lebensleistung.
Sr. Irmgard als Oberin ist der „gute Geist“ in Maria Frieden. Die 74jährige kümmert sich seit vielen Jahren um die Belange der Schwestern im Ruhestand besonders um diejenigen, die Zuwendung und Pflege brauchen. Sie regelt alle anstehenden Aufgaben, erfüllt den einen oder anderen bescheidenen Wunsch der Schwestern und sorgt für eine sinnvolle
Freizeitgestaltung.
So berichtet Sr. Irmgard von einer Bewohnerin, die seit November 2018 mit ihrem Mann in einer Seniorenwohnung im Haus St. Elisabeth, direkt über Maria Frieden wohnt. Schon nach einigen Tagen ergaben sich erste Kontakte. Seither trifft sich regelmäßig eine kleine Gruppe interessierter Schwestern, um zu singen und für andere Aktivitäten. Den Schwestern bereitet das viel Spaß.
Morgens jedoch verbringen sie hauptsächlich in der Kapelle des Klosters mit gemeinsamen und privaten Gebetszeiten.
Wenn man die Schwestern nachmittags nicht gerade beim Spaziergang auf dem Klostergelände trifft, sitzen sie in gemütlicher Kaffeerunde beisammen oder hören sich einen interessanten Vortrag an, der hin und wieder angeboten wird. Sie genießen die Gemeinschaft. Hier ist niemand einsam. Auch in die Dorfgemeinschaft Grafschaft fühlen sie sich aufgenommen. Bei runden Geburtstagen werden sie, wie alle anderen Dorfbewohner auch, besucht und mit einem Geschenk beglückwünscht.
Die naturbegeisterte Sr. Irmgard stammt gebürtig aus Nesselwang im Allgäu und wuchs dort auf einem Bauernhof mit drei Geschwistern auf. Nach dem Schulabschluss hatte sie eine Anstellung im Krankenhaus Hindelang, wo sie mit den dort arbeitenden Ordensschwestern vom nicht weit entfernten Kloster Altstädten ins Gespräch kam. Es dauerte nicht lange, bis sie sich allen Schwestern tief verbunden fühlte. Damals war das Kloster Altstädten ein großer Konvent mit zeitweise
70 Schwestern, die dort auf ihren Einsatz in Ägypten und Israel vorbereitet wurden oder als Krankenschwestern oder Erzieherinnen in den kleineren Niederlassungen des Klosters arbeiteten. Heute sind nur noch 4 Schwestern in Altstädten. Die Gebäude werden als Wohnungen und Gästehaus genutzt.
Sr. Irmgard spürte die Berufung, für Gott und für die Menschen, da zu sein und sich der Ordensgemeinschaft der Borromäerinnen anzuschließen. Eine bedeutsame Zäsur in ihrem Leben und keine einfache Entscheidung für jeden, der in ein Kloster eintreten will, denn es bedeutet das Bekenntnis zur Barmherzigkeit, Armut, Ehelosigkeit und zum Gehorsam. Für Außenstehende klingt das befremdlich, macht aber Sinn, weil nach diesen Regeln jede Ordensgemeinschaft funktioniert.
Armut bedeutet der Verzicht auf persönlichen Besitz, was befreiend und zur seelischen Balance beitragen kann. Die Schwestern leben in einer Gütergemeinschaft und genießen im Gegenzug Versorgungssicherheit bis ans Lebensende.
Ehelosigkeit. Der freiwillige Verzicht auf die Ehe bedeutet nicht gebunden und frei für Gott und die Menschen zu sein, die Hilfe und Unterstützung brauchen.
Gehorsam in der Haltung derer, denen die Liebe zu Gott über alles geht, was schlussendlich alle Schwestern an die grundsätzlichen Entscheidungen der Oberen bindet.
So gesehen, ist Gehorsam für jede Schwester auch eine bestimmte Einschränkung, die jedoch nicht als solche empfunden wird.
Immer wieder taucht das Wort Verzicht/Einschränkung auf und macht deutlich, wie wichtig Verzicht im Grunde genommen für alle Menschen ist und erinnert uns an die Fastenzeit. Die reinigende Kraft im Verzicht tut den Menschen gut. Vielleicht liegt darin auch ein Geheimnis der Schwestern, die begleitet von der Aussage „Wir vermissen nichts; es geht uns gut“, ausgeglichen und zufrieden wirken.
Neben Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam legen die Borromäerinnen zusätzlich das Gelübde der beständigen Barmherzigkeit ab. Damit verpflichten sie sich, in Not geratenen Menschen beizustehen.
Die Gelübde erinnern die Schwestern an ihre Pflichten und werden im Gebet stets erneuert.
Nach dem Noviziat2) im Kloster Grafschaft mit Stationen im Krankenhaus Wipperfürth und Lindlar, legte Sr. Irmgard 1976 die ewige Profess3) ab. „Ab jetzt hatte ich eine neue Familie.“ Von 1976 – 2007 war sie in der Küche des Fachkrankenhauses Grafschaft beschäftigt und machte eine Ausbildung zur Diätassistentin, bevor sie ab 2007 die Leitung von Maria Frieden übernahm.
Sr. Irmgard erfüllt ihre Aufgaben verantwortungsbewusst und mit großer Freude. Sie ist die richtige Person am richtigen Platz.
DANKE Sr. Irmgard.
Redaktion: Günter Naujoks, Vorstandsmitglied im Freundeskreis der Borromäerinnen Kloster Grafschaft e.V.,
erstellt im Juni 2023
1) Kongregation = Ordensgemeinschaft
2) Im Noviziat wird die Novizin, der Novize durch die Gemeinschaft geprüft, ob die Novizin, der Novize dazu berufen ist, die Ordensgelübde Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam zu halten und die Fähigkeit und Neigung hat, in der Ordensgemeinschaft zu leben. Desgleichen ist die Novizin, der Novize dazu aufgerufen, sich selbst zu prüfen und den Orden möglichst gut kennenzulernen, um eine vor Gott, dem eigenen Gewissen und den Oberen verantwortete Entscheidung für oder gegen die Ablegung der Profess zu treffen.
3) Profess=Ordensgelübde, Bekenntnis