Schwester Hildegard – ein Leben für die Kranken
Die vier Stundengebete Laudes, kleine Hore, Vesper und Komplet sind feste Gebetszeiten, die über den Tag verteilt den Tagesablauf der Schwestern bestimmen, nach dem sich alles andere unterordnet. Aus dem Gebet schöpfen die Schwestern das Vertrauen zu Gott, das sich sinnigerweise im folgendem Sprichwort widerspiegelt: „Schlägt der liebe Gott eine Tür zu, macht er eine Andere auf.“
Die Erfahrung hat immer wieder gezeigt, dass dieses Gottvertrauen den Schwestern im Umgang mit besonderen Herausforderungen die notwendige Kraft gibt wie das Beispiel Sr. Hildegard zeigt, die mehr als 50 Jahre als Krankenschwester gearbeitet hat. Sie stammt gebürtig aus dem katholisch geprägten Südschlesien aus einem kleinen Ort bei Grüssau mit ihrer uralten Benediktinerpropstei aus dem Anfang des 13.Jahrhunderts. 1945 mussten ihre Eltern mit ihren 8 Kindern ihre geliebte Heimat wegen der drohenden Besetzung durch die russische Armee verlassen, jedoch in der Hoffnung, eines Tages zurückzukommen. Das war für die Familie eine schmerzliche Erfahrung, die sich in der heutigen Zeit in ähnlichen Flüchtlingsdramen leider wiederholt. Mit 5 Jahren war Sr. Hildegard die Jüngste von drei Mädchen und 5 Jungen. Sie erinnert sich gut an die Flucht in einem geschlossenen Güterzug-Waggon ohne Fenster.
In Wolfenbüttel fand die Familie ein neues Zuhause und lebte sich allmählich in der fremden Umgebung ein. Sr. Hildegard besuchte die Volksschule bis zum Abschluss 1956. Einige Jahre später wurde sie zur Krankenschwester ausgebildet und von der Caritas in das Krankenhaus nach Lindlar zu den Borromäerinnen vermittelt. In Lindlar entscheidet sich Sr. Hildegard 1967 für den Eintritt in die Ordensgemeinschaft der Borromäerinnen. „Mein Bestreben war es, als Ordensschwester mit ganzem Herzen den Kranken beizustehen,“ sagt Sr. Hildegard.
Sr. Hildegard ist ein großes Vorbild in der Fürsorge und Krankenpflege. Sie genießt hohes Ansehen und Wertschätzung und war bei den Kranken sehr beliebt.
Sie hat Wort gehalten. Als Krankenschwester betreute sie im Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft von 1973-2020 – und schon vorher in Lindlar – Tag für Tag mit einer unglaublichen Disziplin 30 Patienten von morgens 5.00 Uhr bis oft abends 21.00 Uhr. Ein sehr langer und harter Arbeitstag nur unterbrochen von den Gebetszeiten und Mahlzeiten. Bevor sie ihren Dienst beendete, schaute sie jeden Abend in den Zimmern ihrer Patienten nach dem Rechten und wünschte ihnen – gesegnet mit Weihwasser – eine gute Nacht. Neben den üblichen Aufgaben einer Krankenschwester, war sie aber auch häufig Ansprechpartner für die persönlichen Probleme und Nöte der Patienten. Mit viel Verständnis und großer Fürsorge spendete sie Hoffnung und Trost.
Mit 83 Jahren lebt die rüstige Schwester Hildegard nun im wohlverdienten Ruhestand in Maria Frieden. Ganz ohne Arbeit geht es aber nicht und unterstützt deshalb den Dienst im Refektorium. Einige ehemalige Patienten erinnern sich noch gut an Sr. Hildegard und schicken ihr immer noch zu besonderen Anlässen Grüße und Glückwünsche.
DANKE Sr. Hildegard.
Redaktion: Günter Naujoks, Vorstandsmitglied im Freundeskreis der Borromäerinnen Kloster Grafschaft e.V., erstellt im Juni 2023