Auf der Seite der Schwachen

Selig, die Armen, denn ihnen gehört das Himmelreich

Ein Vorstandsmitglied des Freundeskreises hat Sr.Claudia aus Kairo/Ägypten getroffen – eine Ordensschwester mit einem großen Herzen für arme Menschen. Bei unserem ersten Gespräch frühmorgens um 7 Uhr beeindruckt sie uns mit der einfachen Aussage „ARME MUSS MAN LIEBEN“. Sie weiß wovon sie spricht, weil sie hier seit ihrer Geburt lebt und tagtäglich mit der Armut konfrontiert wird.

Nicht selten klingeln Bettler an der Pforte, von denen es viele in Kairo gibt. Für fremde Menschen, die um Hilfe oder Essen bitten, hat Schwester Claudia stets ein offenes Ohr, auch dann, wenn sie manchmal an deren Integrität zweifelt.

Sie und alle Mitschwestern sind glühende Fürsprecherinnen der Armen. Sie reden nicht lange, sie handeln und unterstützen die Menschen, denen sonst niemand hilft.

In Kairo und Alexandria betreuen sie christliche und muslimische Familien mit hunderten von  Kindern. Die Schwestern helfen mit Dingen des täglichen Bedarfs wie Kleidung, Lebensmittel und Medikamente. Wenn nötig finanzieren sie einen Arztbesuch oder eine dringend notwendige Operation.

An den hohen Festtagen im Jahr erhalten die Familien Kleidung, Essen und etwas Geld.

Schwester Regina leitet den Kindergarten in Kairo Meadi mit 120 Kindern. Auf ihre Initiative hin  sammeln und spenden die Eltern der Kinder regelmäßig ausrangierte Kleidung, Spielzeug und alles, was man sonst noch gebrauchen kann. Der Zuspruch aus der Bevölkerung ist groß. So übergab während unserer Anwesenheit der Presbyter einer evangelischen Kirchengemeinde den Schwestern die Kollekte aus einem Gottesdienst.

Steht eine Heirat an, sorgen sich die Schwestern um die Aussteuer, denn ohne Aussteuer ist eine Heirat nicht möglich. Sie helfen aber auch bei Geburten mit einer ersten Babyausstattung. Bei großer Not zahlen sie Strom- und Mietkosten. Vorher jedoch werden die Verhältnisse geprüft und hinterfragt, wie arm die Hilfesuchenden wirklich sind, welches Schicksal sie erlitten haben, wo der Schuh drückt und wie geholfen werden kann.

Straßenkinder

Sie suchen den persönlichen Kontakt zu den armen Menschen gleichgültig welcher Religion. Für viele sind die Schwestern ein Rettungsanker in der Not. Bei einem Besuch einer Familie in dem Armenviertel von Kairo, wurde uns die wahre Armut vor Augen geführt. Die Familie bewohnt zwei fensterlose Zimmer ohne Tageslicht und Frischluft. Der arbeitslose Familienvater ist blind, seine Frau kümmert sich um den Lebensunterhalt. Staatliche Unterstützung gibt es nicht.

Die Schwestern helfen mit Matratzen, wärmenden Decken, Kleidung oder Lebensmittel. Wenn nötig wird ein  Arzt vermittelt, z.B. bei einer Frau, dessen Knie operiert werden musste. Oft fehlt den Schwestern aber dafür das Geld. In solchen Fällen bitten sie den Freundeskreis direkt um Unterstützung.

In einem anderen Fall wurden wohlhabende Ägypter von Schwester Mathilde gezielt angesprochen und um Hilfe gebeten. Dabei ging es um zwei minderjährige Geschwister, die ihren Vater durch einen Unfall verloren haben. Ihre Mutter liegt in einer psychiatrischen Klinik. Die beiden Geschwister lebten monatelang im Konvent in Kairo. Mit Unterstützung ägyptischer Spender konnten sie ihre Schulausbildung beenden und bestreiten inzwischen ihren Lebensunterhalt selbst.

Die detailreiche und emotional vorgetragene Schilderung von Schwester Mathilde, die übrigens als letzte deutsche Schwester Ägypten nach 17 Jahren verlassen hat, zeigt, was die Schwestern neben ihrer Arbeit als Lehrerinnen, Erzieherinnen, Krankenschwestern, Altenpflegerinnen und anderen Berufen leisten.

Kein Tag vergeht, ohne ein neues Problem, das schnell gelöst werden muss. Das erfordert großes Talent zu improvisieren und entschlossenes Handeln. Wenn es zuweilen nicht so gut läuft, pflegt Schwester Claudia zu sagen: „Wenn der liebe Gott ein Fenster zuschlägt, macht er eine Türe wieder auf.“

Wir können nicht anders

Ich bin Schwester Claudia von den Borromäerinnen und Oberin im Konvent Kairo. Neben den Aufgaben in der Schule und Verwaltung organisiere ich mit meinen Mitschwestern Hilfen für die Ärmsten der Armen. Ich erhalte viele verzweifelte Anrufe und Emails. Die Menschen bitten uns um Hilfe, weil sie nicht mehr weiter wissen. Zuletzt war ich bei einer Familie, die durch Arbeitslosigkeit kein Einkommen mehr hat. Es geht dabei nicht um große Beträge, meist zur Überbrückung für eine kurze Zeit. In diesem Fall übernehmen wir die Miet-, Wasser- und Energiekosten für 3 Monate (ca. 12 €/Monat). So geht es Tag um Tag. Ich sehe die Not und muss helfen. Der Freundeskreis ist dabei für uns eine große Stütze. Wir beten dafür, dass es so bleibt. Im Namen der Armen sage ich DANKE. Sr. Claudia